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Rastullah, richte!

Vorschläge zum Leben im Land der Ersten Sonne

 

Alle Ausführungen basieren auf Auslegungen der ehrwürdigen Mawdlis von Keft, Fasar, Unau und Khunchom. Des weiteren wurden Rechtsgelehrte aus Mherwed beigezogen. Trotzdem kann nur eine oberflächliche Übersicht über einzelne herrschende Rechtssysteme und geltende Rechtsnormen gegeben werden.

 

Hier werde ich demnächst aufräumen und besser strukturieren... solange müßt ihr euch noch mit den alten Inhalten zufrieden geben...

Das DSA-Regelwerk bietet eine ganze Menge feiner Regeln - und in den Regionalboxen finden sich noch einmal viele optionale Regeln und Ergänzungen zum Leben in den verschiedenen Regionen. Und gerade im Internet finden sich dann nochmal Regeln, Regelergänzungen und -vorschläge. Wer braucht also noch mehr Regeln?

Niemand. Ja, wirklich. Eigentlich niemand. Also, blättern Sie getrost zurück. Ihnen entgeht nichts.

Wenn Sie jetzt immer noch weiterlesen, sind Sie, vermute ich doch, trotz allem an weiteren Details über das Leben im Land der Ersten Sonne interessiert. Warum, weiß ich zwar nicht. Aber ich kann zumindest verraten, warum ich hier noch einmal Optionales anbiete. Mindestens ebenso oft wie tobrische Schafzüchter, wie Elfen und Zwerge sind Novadis das Ziel mittelreichischer Häme. Nur bei Zwergen und Elfen soll es immer noch Spieler geben, die sich in ernsthaftem Rollenspiel bemühen, das Besondere an diesen nicht-menschlichen Charakteren zu betonen. Nur bei einem Novadi ist diese Mühe oft vergebens: entweder er wirkt als naiver Hadschi Halef Omar oder als Mittelreicher mit dunklerem Teint. Das Hintergrundwissen zum tulamidischen Recht soll es Spielern ermöglichen, sich mehr mit der Mentalität der Novadis zu beschäftigen - und interessierten Spielleitern ebenso. Es ist der Versuch, die - für Mittelreicher schwer verständliche - Denkweise der Novadis zu beleuchten.

Außerdem habe ich von dem Verein zur Förderung novadischen Gedankensgut im Heidenlande (VFnGiH e.V.) 200 Dukaten dafür bekommen.

 

Das novadische Recht ist ein Gelehrtenrecht, das eindeutig den Stempel der Rechtsgelehrten trägt. Es beruht auf der Auslegung autoritativer Texte, nicht auf den einzelnen Urteilen von Richtern, die als Präzedenzfälle für weitere Verfahren verwendet werden. Das Recht ist in der novadischen Vorstellung weder von einem Menschen noch von Rastullah gegeben. Es ist den einzelnen Stämmen sehr bewußt, daß sich ihr Recht aus vielen Stammestraditionen ergeben hat, die - vermischt mit den 99 Geboten Rastullahs - das Leben bestimmen. Aber genau deshalb sind sie nicht leicht von ihren Rechtsanschauungen abzubringen. Denn warum sollte das falsch sein, was schon die Väter und Väter der Väter für richtig erkannten? Da verwundert es nicht, daß der novadische Terminus für Recht, das Wort scharia, auf Garethi soviel wie "Weg" bedeutet. Nämlich den Weg, den schon die Väter beschritten haben, weiterzugehen. Der Weg, der zu vollkommener Erfüllung und Rastullahs Wohlgefallen führt. Der für Mittelreicher erstaunliche Gedanke, auch ethische und Verhaltens-Fragen durch die Rechtswissenschaft beantworten zu lassen, erscheint vor diesem Hintergrund selbstverständlich. Für einen Novadi gehören die richtigen Gebetszeiten und die Wahrung der Gastfreundschaft ebenso zum ehernen Gesetz des Lebens wie die Erkenntnis, daß es von übel ist, andere zu bestehlen. Was nicht wiederum nicht heißt, daß man von jedem Novadi erwarten kann, daß er sich an das Gesetz der Khom, der unerbittlichen Mutter, hält. Schließlich vergißt auch so mancher Handelsmann seine guten Vorsätze, wenn er von der Ankunft der königlichen Steuereintreiber hört.

Der Stamm bildet eine Rechtsgemeinschaft. Es ist heute nicht mehr feststellbar, ob diese überzeugung zu der Lebensweise der Novadis geführt hat oder ob die Lebensweise der Novadis diese überzeugung hervorgebracht hat. Weitreichende Auswirkungen hat sie allemal: So übernimmt der Stamm nach außen hin die kollektive Verantwortung für die Taten seiner Mitglieder. Das heißt, für den Mord, den ein Novadi begeht, muß sein Stamm gerade stehen. Je nach Schwere des Mordes müssen im Zuge der Blutrache zwischen fünf (Jungfrau) und fünfzehn (Besitzer von vielen Bidenhockern) Mitglieder des Stammes zu rituellen Tötung an die Familie des Ermordeten übergeben werden. Eine Rache dieser sogenannten "Blutopfer" hat keinen rechtlichen Hintergrund, auch wenn sie mancherorts praktiziert wird. Nicht in die Blutrache fallen Fremde, die keinem Stamm angehören. Wer keinem Stamm angehört, der ihn beschützen kann, hat nach novadischer Vorstellung auch kein Recht auf Schutz. In den Städten mit überwiegend novadischem Bevölkerungsanteil ist die Blutrache ein Recht der Familie, fällt also in das Privatrecht, nicht in das Strafrecht. Die Auswirkungen sind klar: Die Stadt und die Verwaltung treten in der Regel nicht für eine Verfolgung von Mördern ein. Das ist Sache der Familie. Zu den verschiedenen Rechtskomplexen aber später mehr. Generell kann man sagen, daß Raub und Mord als moralisch zulässig bis heldenhaft eingestuft werden, wenn sie einem anderen Stamm schaden.

Bei Streitereien innerhalb des Stammes unterstellen sich beide Parteien für gewöhnlich einem sogenannten Hhakam, einem Schiedsrichter. Das ist ein Mann mit einvernehmlich gutem Leumund, manchmal gar mit übersinnlicher Begabung. Der Hhakam hat allerdings keine Machtmittel, um sein Urteil dann tatsächlich auch durchzusetzen. Das ist allein Sache der verstrittenen Parteien. Es hat sich deshalb eingebürgert, gegenseitig Pfande auszutauschen, die nach Einhaltung einer Frist zurückgegeben werden und sicherstellen sollen, daß sich jede Partei an ihre Abmachung hält. Es gibt in manchen Gegenden, vor allem bei den Beni Juhra im Mhanadi-Delta, den Brauch, weibliche Geißeln auszutauschen, die nach Einhaltung einer bestimmten Frist von den männlichen Streitführern (Frauen müssen sowieso Männer als Rechtsvertreter benennen) geheiratet werden und die Parteien familiär miteinander verbindet. Ein Brauch, der sich nie ganz durchsetzen konnte. Schließlich sind mehr als 70 Prozent aller zu schlichtenden Streitigkeiten Familienstreitigkeiten.

Körperschaften kennt das novadische Recht nicht. Ein Verein, eine Organisation oder ein Handelshaus können im Land der Ersten Sonne nicht vor Gericht stehen. Angeklagt wird immer eine tatsächliche, die liebfeldischen Winkeladvokaten nennen das "natürliche", Person, seltener auch eine Gruppe von Personen, wenn man ihnen das gleiche Vergehen vorwirft. Es gibt eine Reihe verschiedener Rechtsschulen, die versucht haben, den Geist der 99 Gebote Rastullahs in gesetzlichen Vorschriften auszudrücken. Dabei kamen die verschiedenen Schulen zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen. Das begründete eine einzigartige Entwicklung in der Rechtsgeschichte Aventuriens: Je nachdem, aus welcher Region ein Novadi stammt, ist er der Rechtssprechung einer bestimmten Schule unterworfen. Das heißt, daß jeder Qadi und damit jedes Gericht verpflichtet ist, den Angeklagten gemäß der Rechtsauffassung seiner Schule zu be- und verurteilen. Nur wenige unbekannte oder als häretisch eingestufte Rechtsschulen sind davon ausgeschlossen (darunter fallen auch alle ausländischen). Die vier wichtigsten Rechtsschulen sind nach den Orten genannt, in denen sich die Rechtsgelehrten um ein rastullahgefällig-irdisches Recht bemühten: Keft (die älteste), Fasar, Mherwed und Unau. Es ist nicht schwer zu erraten, daß die Rechtsschule von Keft als besonders restriktiv gilt, während die Unauer Rechtsschule als weltoffen und moderner eingestuft wird. Neben den Werken der Rechtsgelehrten dieser Schulen muß jeder Qadi im Land der Ersten Sonne über Kenntnisse in einem knappen Dutzend weiterer, in der Region verbreiteter Rechtsschulen verfügen. Jeder Novadi kann seine Rechtschule wechseln, wenn er das auch selten tut. Des weiteren hat er das Recht, zu beantragen, für eine bestimmte Verhandlung nach einer anderen Rechtsauffassung verurteilt zu werden.

Was bedeutet das in der Praxis? Nun, zu erst einmal, daß man vor Gericht nicht nur eine sehr gute Kenntnis der 99 Gebote braucht, sondern auch in den vier wichtigen Rechtsschulen bewandert sein muß. So ahndet die Unauer Rechtsschule beispielsweise bestimmte Formen des Dienstahls nur mit Stockhieben, aber nicht mit Hand-Abhacken. Für einen Angeklagter, der weiß, daß es um ihn schlecht steht, mag der Antrag, für diesen einen Fall nach der Auffassung der Unauer Schule verurteilt zu werden, eine Rettung sein. Vor allem Frauen, denen nach der Kefter Rechtsauffassung kaum ein Recht zugebilligt wird, greifen in Streitfällen auf die Unauer Rechtsschule zurück, die ihnen auch mehr Möglichkeiten bietet, einen Ehevertrag zu annullieren als die anderen Rechtsschulen. Frauen benötigen vor Gericht im Regelfall einen männlichen Vertreter, Ausnahme sind Familien- und Eheangelegenheiten, zumindest nach den Schulen von Fasar und Mherwed. Nach der Unauer Rechtsauffassung braucht eine Frau in der Regel keinen männlichen Vertreter.

In den meisten Fällen muß eine Gerichtsverhandlung bei dem Qadi vor Ort beantragt werden. Vertreter beider Parteien melden sich bei dem Schreiber, der sich eine kurze Darstellung beider Seiten anhört und dann entscheidet, ob ein Hhakam die Schlichtung übernehmen soll oder ob es zu einer Gerichtsverhandlung kommt. Dem Schreiber obliegt auch die organisatorische Planung der Streitangelegenheiten. Dem Schreiber muß auch zu Protokoll gegeben werden, welcher Rechtsschule der Beklagte angehört und nach welcher Rechtsschule er verurteilt werden möchte. Auch hier trifft der Gerichtsschreiber die endgültige Entscheidung. Lehnt er die beantragte Rechtsschule ab, und das darf er nur aus Gründen der Machbarkeit, etwa weil sie zu klein ist als daß sich ein Rechtsgelehrter dieser Schule auftreiben ließe, muß er sich an einen Nachbarort oder die nächstgrößere Stadt wenden, um dort ein Verfahren zu beantragen. Ist er auch da erfolglos, die Sache aber so wichtig, daß sie kein Urteil nach einer anderen Rechtsschule erlaubt, findet die Verhandlung entweder in Mherwed statt oder unter Beteiligung eines Rechtsgelehrten vom Hofe des Kalifen. Ein Qadi darf - im Gegensatz zu mittelreichischen Richtern - von dem zu verhandelnden Fall im Vorfeld keine Kenntnis haben. Der Schreiber spricht mit ihm zwar die Termine der Verhandlungen ab, teilt ihm aber nichts über den Inhalt der Verhandlung mit. So dauert es nur wenige Tage, bis ein Gerichtsverfahren stattfinden kann. Während der Verhandlung ist ihm ein Spezialist der jeweiligen relevanten Rechtsschule zur Seite gestellt, sowie ein allgemeiner Rechtsgelehrter, der allerdings nicht spezifisch zu dem Fall Stellung nehmen darf, sondern dem nur äußerungen wie "Wenn ein Mann seine Frau grundlos ermordet, so muß er gesteinigt werden, sagen Gelehrte der Rechtsschule von Mherwed" gestattet sind. Zuerst tragen der oder die Kläger ihr Anliegen vor. Dann ist der Beklagte an der Reihe. Danach werden die Zeugen vernommen, wobei traditionell auf einen Zeugen des Klägers immer ein Zeuge des Beklagten folgt. Der Schreiber ist dafür verantwortlich, die Zeugen zuzulassen - so soll vermieden werden, daß eine Partei übermäßig viele Zeugen ins Spiel bringt. Für das Erscheinen des Zeugen ist allein die entsprechende Partei verantwortlich. Wenn der Zeuge nicht erscheint, wird ohne ihn weiterverhandelt - es sei denn, er wäre krank. In diesem Fall würde die Verhandlung verschoben, wenn der Richter die Anhörung des Zeugen als wichtig erachtet. Nachdem alle Zeugen verhört wurden, hat der Qadi einen, manchmal auch zwei Tage Zeit, zusammen im Gespräch mit den beiden Rechtsgelehrten zu einem Urteil zu kommen. Das kann er dann entweder vom Schreiber überbringen lassen oder es im Beisein beider Parteien selbst verkünden. Für die Einhaltung der festgesetzten Strafe ist ebenfalls der Qadi verantwortlich. In den meisten Fällen findet sie unmittelbar nach der Urteilsverkündigung statt, da es sich in den meisten Fällen um Hiebe oder um die Abtrennung verschiedener Körperteile handelt. Der Qadi darf selbst aktiv werden, wenn er ein Vergehen bemerkt - ja, moralisch ist er sogar dazu verpflichtet. Er darf aber nicht selbst Anklage erheben. Das muß immer der Geschädigte tun. Nur, wenn der Verdacht besteht, der Geschädigte wird durch unlautere Mittel von einer Klage zurückgehalten, darf sich der Qadi in Absprache mit dem Mawdli zu seinem Vertreter erklären.

 

© 1998-99 Benjamin Marx.